Schuhe
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Zuschnitt und Werkzeugauswahl
Diese Sektion geht nun auf die vorbereitenden Schritte vor dem eigentlichen Nähen ein, nachdem der Schnitt für den Schuh vorliegt.
Prinzipiell werden für das Nähen eines einfachen wendegenähten Schuhs zwei oder mehr Sorten Leder benötigt:
• Sohlenleder: Dieses sollte dick, aber dennoch biegbar – also nicht zu standig – sein. Hierfür empfiehlt sich in jedem Fall ein ca. 4-5mm dickes vegetabil gegerbtes Bovinae-Leder, also z.B. ein Rindernacken dieser Stärke. Ist das Leder zu hart, so ergeben sich später beim Stechen der Löcher deutliche Probleme.
• Oberleder: Hier wurde im Mittelalter in gleichem Maße Caprinae- oder Bovinae-Leder verwendet. Die Stärke sollte im Bereich von 2-3mm liegen. Auch hier ist auf eine vegetabile Gerbung zu achten. Im vorliegenden Beispiel wird mit einem Ziegenleder gearbeitet. Auch hier gilt: Die mittelalterlichen Vorlagen verwendeten kein sonderlich standiges Leder. Dadurch wird das Ergebnis zwar eher wie eine „Ledersocke“ aussehen, passt sich aber besser dem Fuß an. Es ist aber darauf zu achten, dass ein weicheres Leder sich am Fuß noch dehnen wird. Daher ist das Leder vor der Verarbeitung zu dehnen.
• Applikationen: Hier ist zu differenzieren:
o Hinterkappen und Verschlussverstärkung: Hier sollte ein dünneres Leder als das Oberleder verwendet werden, idealerweise auch etwas standiger, da diese Applikationen die Steifheit des Schuhs an diesen Stellen erhöhen sollen.
o Schaftrandeinfassungen: Für die hier vorgestellte Form der Schaftrandeinfassung wird ein Leder verwendet, das die halbe Stärke des Oberleders aufweist.
o Randstreifen: Diese können prinzipiell aus dem selben Leder wie beim Oberleder erstellt werden.
o Riemchen: Die Auswahl des Leders ist hier ziemlich beliebig. Es sollte nicht zu dünn sein, damit es nicht reißt.
Zunächst werden die im PVC-Modell erstellten Stücke aus dem Leder ausgeschnitten. Es empfiehlt sich, hierzu die PVC-Stücke auf das Leder mit Stecknadeln „anzupinnen“ und die Umrisse mit einem Silberstift zu markieren. Die eigentlichen Schnitte können nun abhängig vom Leder entweder mit einem Cutter / Teppichmesser (auf den Untergrund achten!) oder einfach mit einer großen Schere erfolgen.
Nun werden weitere Elemente für die Applikationen benötigt, die an diesem Schuh angebracht werden:
• Hinterkappen: Diese können trapezoid, halbrund oder dreieckig gestaltet werden. Hier wird eine Dreiecksform gewählt.
• Verschlussverstärkung: Analog zur Vorlage wird diese die gesamte Höhe des Schaftes ausfüllen.
• Schaftrandeinfassung: Hier wird ein Streifen von 1-1,5cm Breite benötigt, dessen Länge der Schaftöffnung entspricht. Dies kann entweder am Fuß direkt ausgemessen, oder am Schnitt abgenommen werden. In jedem Fall sollte eine Zugabe eingeplant werden.
• Randstreifen für die Verstärkung der Sohlennaht im Fersenbereich: Abhängig von den Abmessungen des Fußes sollte die Länge dieses Streifens 15-25cm betragen. Breite des Streifens sollte 0,7-1,0cm sein. Der Randstreifen kann nach Belieben angeschärft werden.
• Riemchen: Die benötigte Länge liegt im Bereich von 15-20cm.
Wie bereits angesprochen, soll an dieser Stelle nicht möglicht mit historisch korrektem Werkzeug, sondern mit möglichst einfachen modernen Mitteln gearbeitet werden. Für ein einfaches Paar wendegenähter Schuhe werden mindestens folgende Werkzeuge benötigt:
• Einfache Rundahle zum Vorstechen der Oberleder – Sohlennaht. Diese Form der Ahle entspricht den aus dem Hochmittelalter bekannten Funden. Schwertahlen oder sonstige angeschliffene Ahlenformen können frühestens ab dem 14. Jahrhundert im Fundgut nachgewiesen werden. Zwar sind bereits gebogene Ahlen bekannt, doch wird eine solche für die nachfolgend beschriebenen Schritte nicht benötigt.
• Ledernadel + normale Nadel: Die Kombination dieser beiden Werkzeuge ermöglicht das Vernähen des Oberleders und das Anbringen von Applikationen am Oberleder ohne das Vorstechen dieses Leders. Dies vereinfacht die Arbeitsschritte.
• 2 stumpfe Nadeln für die Sohlennaht. Es ist nicht klar, mit welchen Werkzeugen im Mittelalter genäht wurde. Oft wird die These vertreten, dass Schweineborsten an den Faden / Schusterdraht angepicht wurden. Alternativ ist allerdings auch die Verwendung von Nadeln als Hilfsmittel denkbar, die erst später beim Übergang zu anderen Schuhtypen von den flexibleren Schweine- und später Drahtborsten verdrängt wurden. Diese Frage lässt sich durch das Fundgut nicht eindeutig entscheiden. Auch bildliche Darstellungen wie z.B. die spätmittelalterlichen Darstellungen der Schuster in Hausbüchern der Mendelschen oder Landauerschen Zwölfbrüderstiftungen zeigen zwar eine gute Auswahl bekannten Schusterwerkzeugs, lassen aber keine Rückschlüsse auf das Nähmedium zu.
• Zange zum Durchziehen der Nadeln
• Schere zum Schneiden des Garns
• Bienenwachs zum Wachsen des Garns: Das Wachs dient der Erhöhung der Festigkeit des Garns, der Erhöhung der Hydrophobie zum Abdichten der Nähte und letztlich auch zum Verkleben der vorgestochenen Löcher. Idealerweise sollte Schusterpech für die Sohlennaht verwendet werden. Für ein einfaches Paar Schuhe reicht aber auch normales Bienenwachs.
• Dickes Leinengarn für die Sohlennaht und dünneres Leinengarn für die anderen Nähte.
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