Foracheim 1248- Alltagsleben im mittelalterlichen Regnitztal
Foracheim 1248- Alltagsleben im mittelalterlichen Regnitztal Foracheim 1248- Alltagsleben im mittelalterlichen Regnitztal Foracheim 1248- Alltagsleben im mittelalterlichen Regnitztal  
Foracheim 1248- Alltagsleben im mittelalterlichen Regnitztal
 

Motivation

Neben den Schwerpunkten Regionalgeschichte (Forchheim / Franken) und regionalen Sehenswürdigkeiten befasst sich diese Seite vor allem mit einem etwas ungewöhnlichen Hobby, für das es unterschiedliche Namen gibt: Historische Darstellung / Reenactment / Living History / Archäotechnik / Mittelalterfuzzitum. Jeder dieser Begriffe hat leicht unterschiedliche Nuancen (z.B. bezieht sich das Reenactment eher auf das konkrete Nachstellen historischer Ereignisse wie Schlachten) - und daher verwende ich auf dieser Seite am Ehesten den Neutralsten davon: "Darstellung".

Was ist Darstellung?

Ich verstehe unter Darstellung die zeitlich begrenzte Visualisierung und die hieraus resultierende Vermittlung ausgewählter Aspekte des Lebens der Menschen in vergangenen Zeiten - in diesem konkreten Fall bezogen auf das Mittelalter. Dies wird je nach Umfeld (dies können z.B. ein Freilichtmuseum wie die Bachritterburg Kanzach, ein modern eingerichtetes Museum, eine Burgruine oder auch einfach eine grüne Wiese sein), Zielstellung der Veranstaltung und Publikum eine individuelle Auswahl von Teilaspekten sein. So kann der Schwerpunkt der Darstellung auf einem bestimmten Handwerk liegen, auf der Waffen- und Rüsttechnik einer Zeit (im Gegensatz z.B. zur Schlachttechnik oder dem Kriegshandwerk als solchem), auf der Ernährung und deren Zubereitung, usf.

Es ist einfacher, zu erklären, was Darstellung nicht ist. Es geht nicht darum, in vergangene Rollen zu schlüpfen und in einer esoterisch-mystischen Weise zum Ritter oder Graf vergangener Tage zu werden und damit ggf. vorhandene Minderwertigkeitskomplexe zu kompensieren, die sich aus der jeweiligen real existenten privaten und sozialen Situation ergeben. Es geht auch nicht darum, einen kommerziellen Profit aus der Darstellung zu schlagen. Schon allein aus diesen Gründen unterscheidet sich Darstellung in der Regel von dem, was auf landläufigen Mittelaltermärkten zu sehen ist.

Ebenfalls wäre es anmaßend, zu erwarten, das Ziel der Darstellung sei ein vollständiges Abbild der damaligen Lebensrealität. Das ist eine Idealvorstellung. Die mittelalterliche Lebensrealität, Umwelteinflüsse, geistig-geistliche, kulturelle und soziale Haltungen können zwar in Teilaspekten nachvollzogen, aber niemals bis ins letzte Detail nachgestellt werden. Ergebnis einer Darstellung kann also stets nur eine Approximation sein.

Zudem sollte man sich stets bewusst sein, dass es nicht die eine Wahrheit über die Vergangenheit gibt und geben kann. Auch im Mittelalter war jeder Mensch ein Individuum und hatte entsprechend Vorlieben und Besonderheiten bei Kleidung, verwendeten Objekten etcetc.

Worauf beruht Darstellung?

Vor dem Vergnügen kommt die Arbeit. In diesem Fall harte Arbeit. Denn auch wenn ich soeben ein Plädoyer für die Unterschiede zwischen Darstellung und mittelalterlicher Lebensrealität gegeben habe, so ist es dennoch so, dass gute Darstellung anstrebt, das Delta möglichst klein zu halten. Alle dargestellten Aspekte sollten entweder belegt sein - oder weggelassen und als modern gekennzeichnet werden.

Auch für Hobbyisten wie mich bedeutet dies zunächst mal monatelanges Studium von Primär- und Sekundärquellen, Museumsbesuche und den intensiven Austausch mit Gleichgesinnten und Experten. Dabei gibt es unterschiedliche Arten von Quellen:
  • Abbildungen z.B. in Form von Tafelbildern und Altarbildern und Buchmalereien
  • Skulpturen / Plastiken z.B. Bauplastiken an mittelalterlichen Kirchen
  • Archäologische Funde und anderweitig erhaltene Originale, z.B. Kirchenschätze
  • Textuelle Quellen wie z.B. Aufzeichnungen der Stadtarchive, Inschriften, Urkunden
Grundsätzlich gilt: Jede Quelle - und das gilt nicht nur für Sekundärquellen! - ist einer ausführlichen Quellenkritik zu unterwerfen. Das bedeutet, die gezogenen Thesen noch einmal zu hinterfragen, die Motivation einer bestimmten Darstellung in Frage zu stellen und nach anderen Interpretationsansätzen zu fragen.

Kleiner Exkurs am Rande: Was sind demnach keine Quellen? Richtig: Fernsehen (Galileo und co. lassen grüßen), Homepages von anderen Gruppen (es sei denn, sie geben Quellen an), Hollywood-Filme, Prosaliteratur uswusf.

Vermittlungszielstellung

Ein Aspekt der Darstellung ist die Vermittlung von Wissen. Dabei kommt es natürlich im Einzelfall immer auf die Zielgruppe und den Kontext der Darstellung an. In der Regel kann aber festgehalten werden, dass sich das Konzept der Darstellung von einer reinen frontalen Wissensvermittlung unterscheidet. Durch die Verwendung entsprechender Requisiten in Form von Rohstoffen, Repliken und der Einrichtung von Freilichtmuseen wird die Kommunikation mit dem Besucher auf ein anderes Niveau bewegt - in dem der Zugang deutlich einfacher wird.

So ist es beim Beispiel des mittelalterlichen Schusters schlicht anschaulich, einen mittelalterlich genähten Wendeschuh in die Hand zu nehmen, dem Schuster bei der Arbeit zuzusehen und verschiedene Lederarbeiten "begrabbeln" zu können.

Erfahrungszielstellung

Auf der anderen Seite gibt es - unabhängig vom oben beschriebenen Paradoxon moderner Darstellung - natürlich eine gewisse Motivation für den Darsteller, bestimmte Aspekte mittelalterlichen Lebens nachempfinden zu können. So ist es die Regel, dass bei Veranstaltungen nach dem Ende des Besucherverkehrs Essen auf den Tisch kommt, das dem mittelalterlichen Essen nahe kommt, die Teilnehmer bei Kerzenschein gemütlich beisammen sitzen (sic!) und auf strohgefüllten Leinensäcken geschlafen wird (sic!).  Diese Atmosphäre macht durchaus einen der Reize aus, die zur Teilnahme an derartigen Veranstaltungen führen.

Auf der andere Seite ist es natürlich ebenfalls etwas Besonderes, ein Handwerk nachzuempfinden, das in dieser Form heute ausgestorben ist und Dinge zu erschaffen, wie sie lange Zeit nicht mehr erschaffen wurden. Es ist entsprechend ein Reiz, eine gewisse Puzzlearbeit bei der Rekonstruktion bestimmter Aspekte und vielleicht sogar deren Gründe vollbringen zu können.

Ehrencodex

Auch wenn die Bandbreite innerhalb der Historischen Darstellung sehr hoch ist, und sich der Anspruch von Veranstaltung zu Veranstaltung je nach Setting und Zielgruppe deutlich unterscheidet, so gibt es doch einige Regeln, die zu einer anständigen Darstellung gehören. Nun ein paar Worte hierzu.

Die Goldene Regel der Darstellung ist: Man erzähle dem Besucher keine Unwahrheiten. Nichts ist gefährlicher als ein Laie, der mit Begeisterung und Inbrunst in voller Überzeugung mit Halbwissen um sich wirft - denn es ist genau dieses Halbwissen, das in der Regel beim Besucher hängen bleiben wird.

Darüber hinaus gibt es einige Standards, die heutzutage als gesetzt angesehen werden können: Stoffe sollten in der Regel plastikfrei und pflanzengefärbt sein (da man den Unterschied zu chemisch gefärbten Stoffen am Ende des Tages eben doch sieht), Kleidungsstücke handgenäht (der Unterschied zur Maschinennaht ist evident) und Schuhe aus historisch gegerbtem Leder wendegenäht und ohne moderne Zusatzsohlen. Für Repliken gibt es ebenso in der Regel eine Art "Stand der Technik", von dem nicht zu weit abgewichen werden sollte. So ist beispielsweise klar, dass maschinell gedrehte Keramik in der musealen Darstellung nichts verloren hat.

Alles in allem sollte die Ausrüstung also möglichst "authentisch" sein - oder eben gerade nicht. Denn: In letzter Zeit verkommt dieser Begriff in der "Szene", aber auch der öffentlichen Darstellung in den Medien leider immer mehr zu einem vermeintlichen Gütesiegel von Gruppierungen, bei denen vergeblich nach einer Güte gesucht werden muss. Daher distanziere ich mich hiermit von diesem Begriff. Bleiben wir doch einfach bei "gut". Ausrüstung sollte so "gut" wie möglich sein. Punkt.

Codex dieser Seite

Ein Projekt wie Foracheim fordert viel Zeit. Daher bemühe ich mich stets nach bestem Wissen und Gewissen, die Informationen auf dieser Seite aktuell, konsistent und fehlerfrei zu halten. Dennoch hat die Sache einen großen Pferdefuß: Die Seite richtet sich an die breite Öffentlichkeit, nicht an Spezialisten. Daher verzichte ich bei meinen Aussagen in der Regel auf Quellen. Ich bitte darum, mich bei Unklarheiten einfach anzuschreiben und im Zweifelsfall auch gerne eine kritische Meinung in mein Gästebuch zu setzen.

Stand 11.03.2011 00:54:16 Uhr