Einführung: Kleidung im Hoch- und Spätmittelalter
Weitere Kleidungselemente im ausgehenden Hochmittelalter
Grundbekleidung des Spätmittelalters
Weitere Kleidungselemente im Spätmittelalter
Kittel des ausgehenden Hochmittelalters
Die bürgerliche Oberbekleidung des ausgehenden Hochmittelalters ist von den Basisschnitten her sehr einfach ausgeprägt. Meist ist ein Kleidungsstück aus einfachen Rechtecks-, Dreiecks- und Trapezelemente zusammengesetzt und eher weit geschnitten. Hauptteil der Oberbekleidung ist ein wollener Kittel, der häufig auch als Tunika oder Cotte bezeichnet wird. In den links abgebildeten Beispielen sind Kittel in Krapprot, Waidblau und Walnussbraun zu sehen. Durch den Einsatz von Geren im Hüftbereich - also zusätzlichen dreieckigen Einsätzen - wird im Bereich der Beine das Gewand aufgeweitet. Darunter befindet sich ein entsprechender Unterkittel aus Leinen.
Regionale Quellen zeigen dabei durchaus Variationen: Die Länge des Kittels kann sich zwischen etwa knielang bis etwa knöchellang bewegen, wobei die Länge mit dem Stand der abgebildeten Person zu korrelieren scheint. Sprich: Ein einfacher Knecht oder Handwerker wird eher einen knielangen Kittel getragen haben; ein höfischer oder bischöflicher Amtsmann wird eher einen knöchellangen Kittel getragen haben.
Farbigkeit findet sich in zahlreichen Abbildungen - wobei natürlich zu diskutieren ist, inwiefern diese eher auf die Erhöhung des künstlerischen Gehalts einer Abbildung zurückzuführen ist als auf den Realitätsgehalt. Gleichzeitig legen uns allerdings schriftliche Quellen nahe, dass auch im 13. Jahrhundert mit einheimischen Pflanzen (Krapp, Waid, diverse Blätter) gefärbte Stoffe auch für die Breite der Bevölkerung erschwinglich waren.
Die Weite des Kittels schwankt in den Abbildungen ebenfalls in einer gewissen Bandbreite zwischen "locker anliegend" bis hin zu "extrem weit und faltig". Der rechts gezeigte Kittel orientiert sich dabei an regionalen Darstellungen von Hirten und einfachen Handwerkern wie divese Abbildungen in einem Psalterium aus Würzburg (um 1246-1250) Ms. Add. 17687.
Der Halsausschnitt tritt in mehreren Ausprägungen auf: Häufig sind einfache runde Ausschnitte gebräuchlich, wie sie in den bisherigen Beispielen gezeigt wurden. Der grundsätzliche Nachteil dabei ist, dass abhängig von der Kopfgröße insbesondere bei sehr steifem Stoff ein recht großes Loch geschnitten werden muss, so dass ein sehr großer Halsausschnitt entsteht. Alternativ dazu bietet sich ein einfacher frontaler Schlitz ("Schlüssellochausschnitt") an, der mit einer Fibel geschlossen werden kann.
Das nächste Beispiel zeigt einen etwas ausgefalleneren (aber immer noch nicht als luxuriös zu bezeichnenden) Kittel, den ein einfacherer Handwerker im 13. Jahrhundert auf Grund seiner Verzierungen nicht mehr getragen haben wird. In einer Kleinstadt wie Forchheim kann man sich diesen beispielsweise bei städtischen oder bischöflichen Amtsträgern vorstellen. Grundsätzlich handelt es sich um einen zweifarbig ausgeführten Kittel ("Mi-Parti) mit einem sog. "Reiterschlitz" frontal und am Rücken; sowie seitlich eingesetzten Keilen. Eine Hälfte des Kleidungsstücks ist in krapproter Wolle, die andere in birkenblättergelber Wolle ausgeführt. Einige Abbildungen aus der Region zeigen ungefütterte Reiterschlitze; andere jedoch auch Innenfutter, wie es hier für das komplette Kleidungsstück in einer dünnen waidgefärbten Wolle ausgeführt wurde. Der Halsausschnitt ist als Schlüsselloch ausgeführt, wodurch sich das Tragen einer prunkvollen Schließe (Fibel / Fürspan) anbietet. Als weiteres verzierendes Element zeigt dieser Kittel aufgenähte dünne blaue Wollstreifen (analog zum Futter) an Halsausschnitt, Handausschnitten und am Saum. Alle diese Elemente sind regional belegbar, siehe eine Dominikanerbibel aus Würzburg (um 1246) M. p. th. f. m. 9/II, fol 1r sowie fol 52r und ein Psalterium aus Würzburg (um 1250-60) Clm. 3900 fol 5v.
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