Die katholische Stadtpfarrkirche Unsere Liebe Frau in Bamberg wird heute häufig mit "Obere Pfarre" bezeichnet wird und ist mit ihrem dominanten Turm neben Bamberg - Kaiserdom und Bamberg - St. Michael eine der das Stadtbild prägenden Kirchen in Bamberg. Eine erste Kirche oder Kapelle befindet sich wohl bereits um das Jahr 1000 an dieser Stelle und gehört zum Predium Bamberg von 973 und später zu den vom Bistum Würzburg 1007 bei der Gründung an das Bistum Bamberg abgetretenen Gebieten. Urkundlich sind Kirche und Pfarrei allerdings erstmals für die Zeit um 1140 in einer undatierten Urkunde von Bischof Egilbert (1139-1146) greifbar. Seit dem 13. Jahrhundert bis 1803 ist die Obere Pfarre eine Oberpfarrei des Bamberger Domkapitels. Das bedeutet, dass die Pfründe aus dieser Pfarrei an einen Domherrn gehen. Für die Seelsorge ist in dieser Phase ein Pfarrverweser eingesetzt. Älteste Kirchenrechnungen aus der Oberen Pfarre fallen zurück in das Jahr 1474.
Die heutige gotische Kirche erfährt ihre Grundsteinlegung einer Inschrift in einer Hohlkehle des Dachgesimses und einer Inschrift am nördlichen Seitenschiff folgend am 16. Juni 1338, nachdem wohl schon um 1295 und 1300 Ablässen folgend ein Neubau geplant wird. Der östliche Teil des Langhaus-Dachwerkes kann dendrochronologisch in die Zeit um 1370 und der westliche in die Zeit um 1380 datiert werden. Eingeweiht wird das basilikale Langhaus durch den Bamberger Bischof Lambert von Brunn im Jahr 1387, wie eine Urkunde aus dem späten 16. Jahrhundert überliefert.
Allerdings ist die Kirche zu diesem Zeitpunkt noch alles andere als vollendet, denn der heutige Chor und die Seitenschiffe stammen erst aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Grundsteinlegung zum heutigen Chor erfolgt 1392, wie eine Inschrift am Sakramentshaus im Chorumgang bezeugt: "ano. m. ccc. lxxxx. ii. am / mantag. nach egidij. wa / rt. der. erst. stain. gelait". Die Wölbung des Chorumgangs entsteht zwischen 1421 und 1431, womit das dreigliedrige Schiff abgeschlossen ist.
Der asymmetrisch stehende Stadtturm wird bis in das frühe 20. Jahrhundert hinein als Stadtturm mit Türmerstube benutzt. Das erste Turmobergeschoß wird 1370 abgeschlossen, bis um 1380 folgen das zweite bis vierte Turmobergeschoß. Die heutige Türmerstube mit ihrer Haube wird 1537/38 auf den bis dahin unvollendeten Turm aufgesetzt.
Auf der Nordseite der Kirche befindet sich an die Brautpforte anschließend eine Vorhalle mit Kreuzgewölbe. Die auf dieser Seite zur Straße "Unterer Kaulberg" der Kirche vorgelagerte Mauer wird 1809 errichtet. Dieser Bauphase muss eine Katharinenkapelle aus dem Jahr 1453 weichen. 1838/39 wird dann auch die restliche Sakristei auf der Nordseite entfernt und auf der Südseite neu errichtet; die entstehende Lücke im Chor auf der Nordseite wird ab 1847 geschlossen.
Rund um die Brautpforte befindet sich heute noch einiger Bauschmuck aus der Bauzeit des Langhauses, also etwa aus der Mitte des 14. Jahrhunderts und damit älter als die Architektur rund um die Brautpforte. Dabei lassen sich zwei Handschriften ausmachen: Zur ersten, streng und starr gestalteten, Gruppe gehört das Tympanon mit einem von den Aposteln Petrus und Paulus eingerahmten Sponsus-Sponsa-Motiv (Braut-Bräutigam / Marienkrönung) sowie die Muttergottesfigur, die jetzt links der Vorhalle an der Nordwand des Langhauses angebracht ist. Zu dieser Muttergottes ist eine Darstellung der heiligen Drei Könige, die sich jetzt im Diözesanmuseum befindet.
Zur zweiten Gruppe von figürlichen Verzierungen im Bereich der Brautpforte an der Oberen Pfarre gehören die Gruppen der klugen und der törichten Jungfrauen in typischer Kleidung des 14. Jahrhunderts. Diese sind im Vergleich zur ersten Gruppe etwas freier und fließender ausgeführt.
Weitere figürliche Darstellungen im Bereich der Brautpforte zeigen Atlanten in zeitgenössischer Kleidung aus der Erbauungszeit des Langhauses. Auch in anderen Bereichen der Kirche finden sich figürliche Darstellungen aus der Bauzeit, so an den Obergeschossen des Turmes oder oben am Chorumlauf.
Die Halle mit dem Ölberg links neben dem heutigen Haupteingang auf der Westseite der Kirche stammt aus der Zeit um 1502. Allerdings sind die Sandsteinfiguren von Christus, Petrus, Jakobus d.Ä., Johannes Ev. und Gott Vater wohl etwas älter.
Links vom heutigen barocken Hauptportal an der Westseite der Kirche befindet sich neben dem Ölberg eine kleine Madonnenfigur aus der Zeit um 1360.
Ein Kruzifix außen am Chor stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert (etwa um 1520) und ist möglicherweise ein Werk Hans Nußbaums.
Im Inneren präsentiert sich die Kirche im barocken Gewand. Grundstein hierfür ist eine erste Phase um 1650 bis 1700, in der die Kanzel und die vier Altäre in den Seitenschiffen eingefügt werden. Weitere Phasen im frühen 18. Jahrhundert führen vor allem zur Errichtung der Altäre im Chorumgang und des heutigen Chorgestühls. Die Stuckdecke stammt von Johann Jakob Vogel. Das Chordach wird nach Plänen von Johann Jakob Michael Küchel umgebaut. Im 19. und 20. Jahrhundert finden mehrere große Restaurierungen innen wie außen statt, die jüngste davon wird 2014 abgeschlossen.
Der heutige barocke Hochaltar stammt aus dem Jahr 1724 und ersetzt frühere Hochaltäre von 1699 und 1624. Der Altar gilt als Stiftung des Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn (1693-1729) und stammt als Gemeinschaftswerk von diversen Bamberger Handwerkern und Künstlern. Er zeigt im Herzen ein Gnadenbildnis einer thronenden Muttergottes, die auf die Zeit um 1300/10 datiert wird. Das Kind in dieser Darstellung hält einen Vogel in der Hand. Es handelt sich dabei um einen Import aus Köln, der aus Nußbaumholz gefertigt wurde. Weitere Holzfiguren im Altar stammen unter anderem von Leonhard Gollwitzer.
Zahlreiche Neben- und Seitenaltäre in der Kirche stammen aus den oben angesprochenen barocken Bauphasen. Bemerkenswert ist dabei der Maria-Hilf-Altar auf der Chornordseite, der eine Tafelmalerei mit einer Ährenkleidmuttergottes enthält. Dabei handelt es sich nicht wie man meinen könnte um ein mittelalterliches Werk, sondern um eine Kopie aus dem frühen 17. Jahrhundert. Das ursprüngliche Gnadenbild aus dem frühen 15. Jahrhundert befand sich früher in der Bamberg - Marienkapelle in der Judengasse und ist heute im Bayerischen Nationalmuseum in München zu finden.
Die Obere Pfarre beherbergt in Langhaus und Chor eine Reihe mittelalterlicher Figuren. Dazu zählt ein Schmerzensmann aus der abgegangenen Clarisserkirche, der in die 1360er Jahre zu datieren ist und früher als Grabchristus in der Karliturgie verwendet wurde.
An den Pfeilern des Langhauses befindet sich eine hier nicht abgebildete spätgotische Folge von Holzfiguren der Apostel mit dem Salvator, die 1481 in der Werkstatt Ulrich Widmanns geschnitzt wurden und heute eine barocke Weißfassung tragen. Auch ein Christophorus am Anfang des linken Chorumgangs kann in diesen Kontext gesetzt werden und stammt aus der Zeit um 1480.
Zwei an der Südseite des Langhauses angebrachte Reliefs stammen von einem früheren Hochaltar und können in die Zeit um 1500 eingeordnet werden. Das Relief der Himmelfahrt und Krönung Mariä wird dabei in die Nähe Hans Nußbaums gerückt; das andere Relief zeigt in deutlich abweichendem Stil eine Marienkrönung.
Innen im Chorumlauf befinden sich in der Oberen Pfarre einige Besonderheiten. Zuerst ist das Sakramentshaus von 1430 anzuführen, das in der Mitte eine Tabernakelnische enthält. In die Geschosse sind Figuren der Apostel und Evangelisten eingearbeitet. Unter der Nische ist die Grablegung Christi gezeigt, oben ein Antlitz Christi und das Jüngste Gericht mit Jesus als Weltenrichter.
In der Chorscheitelkapelle hat sich eine heute sehr seltene Darstellung Marias im Wochenbett erhalten. Diese Arbeit wird in das frühe 16. Jahrhundert datiert.
Ein Sandstein-Taufbecken in der Kirche stammt aus der Zeit um 1515/20. Die umlaufenden Holzreliefs zeigen Darstellungen der Taufe Christi und der sieben Sakramente.
Die Obere Pfarre beherbergt eine Reihe von Epitaphien des 16. Jahrhunderts, von denen besonders die an einem Pfeiler aufgestellte Grabplatte des Domherrn und Oberpfarrers der Oberen Pfarre Johann Fuchs von Bimbach-Gerlitzhofen (verstorben 1577) hervorzuheben ist. Diese Platte aus Solnhofer Stein zeit eine Relieffigur des Ritters vom Heiligen Kreuze zu Jerusalem.
Eine weitere Grabplatte im Inneren der Kirche aus der Zeit um 1600 zeigt zwei heute unbekannte Mitrenträger im Gebet vor der Kreuzgruppe. Auch diese Platte wurde aus Solnhofer Stein gefertigt.
Auch außen an der Kirche befinden sich als letzte Reste des 1801/02 aufgegebenen Friedhofs einige sehr interessante Epitaphien, von denen leider einige nur noch in einem stark verwitterten Zustand vorliegen. So befindet sich an der Nordseite ein Sandsteinepitaph für Heinrich von Schaumberg, das heute dem Meister der Ansbacher Schwanenordensritter zugeordnet und in die Zeit um 1502 datiert wird.
Ein Steinrelief an der Westfassade erinnert an die 1582 gestorbene Margaretha Wagner und wurde wohl von ihrem Gemahl, dem Bildhauer Pankraz Wagner, angefertigt.
Abschließend sei auf den Kirchenschatz verwiesen, der eine Monstranz von 1477 enthält, die vielleicht aus Nürnberg und deren Modelle für die zugehörigen Statuetten Veit Stoß zugeschrieben werden. Des Weiteren befindet sich hier ein Vortragekreuz von 1496 mit der Bamberger Beschau und rückseitig gestochenen Bildern der Muttergottes und der Vier Wesen nach Schongauer.
Hinweis: Für Quellen zu dieser Seite sei auf die allgemeinen Quellen zu den Streifzügen verwiesen sowie auf den Schnell & Steiner Kunstführer Nummer 354 "Obere Pfarrkirche Unsere Liebe Frau Bamberg" in der 8. Auflage von 2009 verwiesen. |